Die Reform des Insolvenzrechts: Soll der Insolvenzantrag bis zum 01.07.2014 zurückgestellt werden?

Rechtsanwältin Dr. Elke Scheibeler berichtet über die 2013 beschlossene Gesetzesreform und hieraus folgende Chancen und Risiken für überschuldete Personen.

BildEines der Gesetzesvorhaben, das in der Legislaturperiode 2009 bis 2013 quasi auf dem letzten Drücker umgesetzt wurde, ist das sog. Gesetz zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und der Stärkung der Gläubigerrechte. Es verbessert die Situation von insolventen Verbrauchern, aber auch von insolventen Einzelunternehmern, indem diese schneller wieder ihre Schulden los werden.
Das Insolvenz- und Restschuldbefreiungsverfahren kann gemäß des neuen Gesetzes auf fünf Jahre verkürzt werden, wenn der Schuldner bis dahin die Kosten des Insolvenzverfahrens bezahlt hat, § 300 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 InsO n.F. Bisher beträgt die Zeit bis zur Erteilung der Restschuldbefreiung sechs Jahre. Nach bereits drei Jahren wird aufgrund der Gesetzesänderung wieder schuldenfrei, wer die Kosten des Verfahrens zuzüglich einer Quote von 35 % für die Gläubiger aufbringen kann. Die Verkürzung des Insolvenz- bzw. Restschuldbefreiungsverfahrens tritt jedoch erst in Kraft für Insolvenzverfahren, die ab dem 01.07.2014 beantragt werden. Die Verkürzung auf drei Jahre bei einer Quote von 35 % ist zudem mit Vorsicht zu genießen, da die Kosten des Insolvenzverfahrens steigen, je mehr Masse auf dem Insolvenzanderkonto ist. Von etwaigen Einzahlungen von dritter Seite schneidet sich also der Insolvenzverwalter im sprichwörtlichen Sinne erst einmal ein dickes Stück ab. In einem Regelinsolvenzverfahren, also bei einem (ggf. auch ehemals) selbständig Tätigen, erhält er von den ersten EUR 25.000,00, die auf dem Anderkonto verbleiben, 40 % zuzüglich Auslagen und Umsatzsteuer. Aufgrund der Gesetzesänderung wird dies dann auch für Verbraucherinsolvenzverfahren gelten, aktuell ist die Vergütung noch geringer. Es ist also gut möglich, dass selbst dann, wenn auf dem Anderkonto 50 % des als Insolvenzforderung angemeldeten Betrags eingezahlt sind, die Quote nach Abzug der Kosten unter 35 % liegt. Wenn für einen solchen Fall das Geld von dritter Seite bereit gestellt, muss genau gerechnet werden. Ggf. ist ein Insolvenzplan die einfachere Variante, der ab dem 01.07.2014 auch in Verbraucherinsolvenzverfahren vorgelegt werden kann, und zwar auch bei bereits zuvor beantragten und eröffneten Insolvenzverfahren.
Da ich davon ausgehe, dass viele Schuldner wenigstens die Kosten des Verfahrens erwirtschaften werden können, empfehle ich bei aktuellen Beratungen meinen Mandanten meist bis Juli 2014 mit dem Insolvenzantrag zu warten. Hinzu kommt, dass bei Verbraucherinsolvenzen auch in Zukunft ein sog. außergerichtlicher Schuldenbereinigungsversuch unternommen werden muss. Die Gläubiger müssen angeschrieben und ihnen ein Vergleich unterbreitet werden muss, der erfahrungsgemäß aber nie zustande kommt, da alle zustimmen müssen. Erst danach kann der Insolvenzantrag eingereicht werden. Wenn die Schulden dann noch älter sind, dauert es auch eine Weile, die Ansprechpartner für alle Forderungen wieder zu finden, da diese oft verkauft werden, ehemals beauftragte Anwaltskanzleien nicht mehr existieren, usw. Bei einer Verbraucherinsolvenz dauert es also aufgrund dieser notwendigen Prozedur ohnehin üblicherweise zwei bis drei Monate vom Auftragseingang in meiner Kanzlei bis zur Einreichung des Antrags bei Gericht, so dass es dann Sinn macht, gleich bis 2014 zu warten.
Andererseits sehe ich die Gefahr, dass die Gerichte per 01.07.2014 stark überlastet sind und die Verfahren dann sehr schleppend bearbeiten werden, weil vermutlich viele so denken wie ich. Wenn also jemand einen guten Überblick über seine Schulden hat und die Schuldenbereinigung schnell durchgeführt werden könnte, halte ich es für durchaus empfehlenswert, den Insolvenzantrag noch 2013 einzureichen, um dann bei Gericht und im Insolvenzbüro von der sprichwörtlichen „Ruhe vor dem Sturm“zu profitieren und einen geregelteren Ablauf zu haben. In Fällen, in denen die Schuldner unter den Zwangsvollstreckungen leiden, ist es sinnvoll, bereits aus emotionalen Gründen den Insolvenzantrag kurzfristig zu stellen, da Vollstreckungsmaßnahmen während des Insolvenzverfahrens nicht möglich sind.
In manchen Fällen ist es auch aus juristischer Sicht zu empfehlen, den Insolvenzantrag noch vor dem 01.07.2014 zu stellen. § 302 InsO in der zukünftigen Fassung wird nämlich weitere Forderung von der Restschuldbefreiung ausnehmen. Aktuell sind dort genannt:
Forderungen aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung, solange diese entsprechend angemeldet wurden. Erfahrungsgemäß geht es meist um folgende Delikte: Betrug, § 263 StGB, oder das Vorenthalten oder Veruntreuen von Arbeitsentgelt, § 266 a StGB.Weiter sind bereits heute von der Restschuldbefreiung ausgenommen Forderungen aus Geldstrafen und gleichgestellten Verbindlichkeiten sowie aus zinslosen Darlehen, die zur Begleichung der Kosten des Insolvenzverfahrens gewährt wurden. Solche Forderungen bleiben also bereits nach aktuellem Recht nach der Restschuldbefreiung bestehen und müssen trotz Insolvenz später bezahlt werden. Nach dem 01.07.2014 kommen noch hinzu:
Forderungen aus vorsätzlich pflichtwidrig nicht gewährtem Unterhalt und aus einem Steuerschuldverhältnis, sofern der Schuldner in Zusammenhang damit nach den §§ 370, 373 oder § 374 der Abgabenordnung rechtskräftig verurteilt wurde. Insbesondere jemand mit Steuerschulden ist also ggf. gut beraten, den Insolvenzantrag noch am 30.06.2014 einzureichen und die längere Dauer des Insolvenzverfahrens im Gegenzug für die Befreiung von seinen Steuerschulden zu akzeptieren.
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Ich bin Rechtsanwältin und Fachanwältin für Arbeitsrecht und seit 2003 zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Nachdem ich einige Jahre als angestellte Anwältin gearbeitet habe, gründete ich 2009 meine eigene Kanzlei. Ich befasse mich mit dem Zivil- und Wirtschaftsrecht insbesondere dem Arbeits-, Miet- und Insolvenzrecht und vertrete hierbei sowohl Unternehmen als auch Privatpersonen.
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